Zwischen Linien & Erwartungen
- info930328
- vor 2 Tagen
- 3 Min. Lesezeit
Aktualisiert: vor 2 Tagen

Manchmal fühle ich mich wie ein Alien auf einem Planeten mit Spielregeln und erstellter Software für die Hardware, dessen Regeln ich nicht vollständig verstehe. Ich bewege mich zwischen Farben, Licht und Emotionen, aber außerhalb meiner Kunstwelt gelten andere Gesetze. In der Gesellschaft, in der ich agiere, scheint Lebenszeit einen völlig anderen Wert zu haben. Menschen um mich herum wägen jede Minute ihrer Zeit mit Gold auf, während sie gleichzeitig meine warten lassen, mich sitzen lassen, mich zurückhalten als ob meine Zeit weniger zählt, weil ich nicht denselben Status, dieselben Ressourcen oder dieselben Waffen besitze. Sagen wir ganz einfach man ist nicht in der selben Kaste,schliesslich schauen wir immer wertend auf dieses System herab, haben aber unausgesprochen ähnliche Strukturen.
Als Künstler werde ich oft nach meiner Meinung gefragt, nach meiner Sicht auf die Dinge. Man lädt mich zu Anlässen ein, man lässt sich gerne mit mir sehen, man lobt meine Arbeit in höchsten Tönen. Doch hinter diesen Türen steckt oft nur ein Zweck: Prestige, neue Kunden, Marketing. Die Kunst ist Mittel zum Zweck, und wir, die Kreativen, scheinen nur Dekoration zu sein wie der Schmuck am Weihnachtsbaum, um noch grössere Geschenke zu erhalten.
"Inspiration ist selbstverständlich und natürlich kostenlos "
Manchmal habe ich das Gefühl, dass diejenigen, die sich am lautesten über die Bedeutung der Kunst äußern, insgeheim genau das Gegenteil fühlen: Gleichgültigkeit, vielleicht sogar Verachtung für Menschen, die anders denken, anders fühlen, anders leben und versuchen entgegen der Gesellschaft einen Weg zu gehen der sie als als Aussenseiter erscheinen lässt.
Ich kämpfe mit einem Messer gegen andere mit Computer gesteuerten Lenkwaffen, während die Regeln für mich gelten sollen, aber für die anderen offenbar nur Empfehlungen sind. Wenn ich dann noch losrenne um anzugreifen, werde ich als verrückt abgestempelt. Ich frage mich oft, ob ich die Spielregeln nicht verstanden habe oder ob das System einfach nicht für Menschen wie mich gemacht ist. Es sagt es zwar aber nur um selbst zu bestehen.
In meiner Bubble verstärken sich diese Muster: Menschen, die ihre Zeit und Sichtweisen wie Gold werten, verletzen die Zeit anderer ohne Nachdenken oder werten andere moralisch ab. Es ist schnell und einfach mit dem Finger auf andere und ihre Fehler zu zeigen, für mich ist das allerdings auch eine art von Instrumentalisierung und ein bequemer und einfacher Weg um von eigenen Fehlern und Ungerechtigkeiten abzulenken. Sie selbst nehmen sich oft das Recht, Regeln zu machen, die sie selbst nicht befolgen müssen, weil sie cleverer, wichtiger sind oder weil sie einfach aus ihrer Bubble heraus für die richtigen Werte stehen. Das ist das stille Gefüge das zeigt wie Werte verteilt werden, wer zählt, wer nicht, wer gehört wird, wer übersehen wird.
Was sind Werte? Wir als Gesellschaft lassen Werte entstehen weil wir an sie glauben und uns eine gewisse Sicherheit wünschen und der Glauben versetzt bekanntlich Berge und man hat die Chance Menschen einen Lebenssinn zu geben. Manche Menschen lassen sich einfach mitreissen weil sie etwas brauchen woran sie glauben können, dass ihnen eine Sicherheit gibt. Andere tun sich schwer darin einem System unter zu ordnen wenn sie darin Logiken oder Ideale entdecken die sie als Fehlerhaft ansehen und so entstehen schnell grosse Reibungen. Für die einen logisch für die anderen völlig unverständlich. Was ganz klar erscheint, ein Mensch der sich im System eingliedert wird in der Masse erfolgreicher sein, wie jemand der nicht daran glaubt und Assenseiter bleibt. Somit wird der erfolgreihe Mensch in einem System es weniger akzeptieren, wenn die Einzelmeinung total abweichend von der breiten Masse ist. Es wird jedoch schneller alles akzeptiert und für richtig empfunden und gehalten wofür die Allgemeinheit ist. Es ist eine art Prophezeiung für die man als Gesellschaft zusammen gearbeitet hat um sie zu erfüllen.
Meine Kunst ist mein Spielraum, meine eigene Sprache, mein Versuch, diese Ungleichheiten, diese selbst geschaffenen Realitäten und Widersprüche aufzubrechen, diese tiefe Verletzlichkeit sichtbar zu machen. Sie ist ein Spiegel, ein Ort der Reflexion, ein Raum, in dem wir uns fragen können: Was zählt wirklich? Wen respektieren wir, und warum? Wie oft benutzen wir etwas als Mittel, ohne es zu bemerken zu wollen oder es zuzugeben?
Vielleicht ist es für die einen oder anderen an der Zeit, die Masken abzulegen, die Machtstrukturen zu hinterfragen, die eigene Macht zu hinterfragen, den Wert der eigenen Zeit und der Zeit anderer wirklich zu sehen. Vielleicht ist es Zeit, echte Aufmerksamkeit zu schenken nicht aus Pflicht, aus Prestige oder aus Eigennutz, sondern aus Menschlichkeit.
Meine Kunst existiert nicht nur für die Augen. Sie existiert, um Fragen zu stellen, um zu irritieren, um zum Nachdenken zu bringen. Und vielleicht, nur vielleicht, spiegelt sie in euch etwas wider, das ihr bisher ignoriert habt: die Fähigkeit, raus aus dem Alltag bewusst zu sehen, bewusst zu handeln und bewusst wieder zu fühlen und Menschen die eine andere Sichtweise haben als Inspiration zu sehen .
Liebe Grüsse
Alexander Palacios



















































Kommentare